Keine mobilen Impfteams an Offenburger Schulen

Gemeinsamer Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der FDP-Fraktion 

Offenburg, den 21.11.2021

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Steffens,

hiermit stellen die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die FDP-Fraktion gemeinsam den Antrag,

dass die Stadt Offenburg als Schulträgerin keine Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche durch mobile Impfteams an Schulen anbietet, sondern für diese auf die Arztpraxen verweist.

Begründung: 

Bereits im Sommer haben sich das baden-württembergische Gesundheits- und Kultusministerium in einem gemeinsamen Brief an die weiterführenden und beruflichen Schulen im Land gewandt und diese über Impfangebote wie u.a. durch mobile Impfteams  an Schulen informiert.1 

Herr Bürgermeister Kopp äußerte sich in einer Sitzung, als er zur Infektionslage an den Schulen und Maßnahmen wie Testungen Stellung nahm, ebenfalls dahingehend, dass man über spezielle Impfaktionen für Kinder- und Jugendliche an Schulen nachdenke.

Impfaktionen an Bildungseinrichtungen für Minderjährige werden jedoch von medizinischen und pädagogischen Experten in Fachverbänden überwiegend kritisiert.

So äußert sich Udo Beckmann, Vorsitzender des Verband Bildung und Erziehung (VBE), kritisch zu Impfungen direkt an Schulen. Kinder müssten unbedingt mit ihren Eltern und nach eingehender Beratung durch den Kinder– oder Hausarzt eine informierte Entscheidung treffen. “Ob dies einzulösen ist, wenn die Impfung in Impfmobilen vor der Schule erfolgt, halten wir für fraglich.” Er warnte auch vor möglichen Konflikten, die in die Schulen getragen werden. Eltern oder Jugendliche, die gegen eine Impfung sind, könnten sich durch präsente Impfteams bedrängt sehen. 

Auch der Berufsverband der Kinder– und Jugendärzte lehnt die Impfung gegen das Coronavirus an und im Umfeld von Schulen ab. „Die Jugendlichen stehen in den Schulen sehr stark unter Gruppenzwang, so dass eine freie und unabhängige Entscheidung schwierig wird”, so der Bundessprecher des Verbandes, Jakob Maske, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. 2 

Dem SWR sagte er, er halte nichts von den Impfungen an Schulen, weil auch Kinder- und Jugendliche ein Recht auf ihre „medizinische Privatsphäre“ hätten. Außerdem sei es aus Sicht seines Verbands nicht notwendig, mobile Impfteams an Schulen zu schicken, da es genügend niedergelassene Pädiater sowie Allgemeinmediziner gäbe, die Impfungen durchführen könnten.3 

1 Vgl. Homepage des baden-württembergischen Kultusministerium, https://sozialministerium.baden wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/gesundheits-und-kultusministerium-informieren-ueber moegliche-impfangebote-an-schulen/

2 Siehe hierzu und zu den Aussagen des VBE https://deutsches-schulportal.de/schule-im-umfeld/impfungen-fuer kinder-in-schulen-ja-oder-nein/

3 Vgl. https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/kinder-und-jugendaerzte-gegen-idee-von kultusministerin-schopper-100.html.

 

Im Ärzteblatt konkretisierte Maske: „Das Impfen beim eigenen Kinder- und Jugendarzt hat den Vorteil, dass der Arzt die Familie und das Umfeld gut kennt und die Eltern besser beraten kann, ob die Impfung für die Familie sinnvoll ist oder nicht“. 4 

Bezüglich der Beratung weist zudem das Robert-Koch-Institut darauf hin, dass die Impfaufklärung in mündlicher Form erfolgen muss. Nur ergänzend könne auch auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform erhält. Der Umfang der Impfaufklärung sollte „Informationen über die zu verhütende Krankheit, den Nutzen der Impfung, die Kontraindikationen, die Durchführung der Impfung und Dauer und Beginn  desImpfschutzes sowie typische (spezifische) Nebenwirkungen und Komplikationen  beinhalten […] Die alleinige Aufklärung durch ein Merkblatt ist unzulässig; es muss immer  auch die Gelegenheit für ein Gespräch gegeben werden“. 5 

Unsere Fraktionen teilen die Auffassung, dass eine Impfung von Kindern und Jugendlichen ausschließlich in Arztpraxen unter medizinisch fachlicher Begleitung und nach gründlicher Abwägung erfolgen sollte. Die gebotene ausführliche mündliche Beratung ist nur dort möglich.

Wechselnde Impfempfehlungen bei Kindern und Jugendlichen machen eine intensive Aufklärung zusätzlich noch besonders wichtig. 

So wurde zum Beispiel der Impfstoff von Moderna am 16. August 2021 noch für die 12- bis 17-Jährigen empfohlen, seit dem 10. November 2021 sollen nun aber unter 30-Jährige nur noch denjenigen von BioNTecherhalten, da neuere Analysen zeigten, dass  Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen bei Jungen und jungen Männern sowie bei  Mädchen und jungen Frauen nach der Moderna-Impfung häufiger beobachtet wurden. 

Auch solche Erkenntnisse zeigen eindrücklich, dass wir uns derzeit noch in der Phase der Notfallzulassung befinden, in der die Beobachtungen noch nicht abgeschlossen sind. Umso wichtiger ist es, dass besonders bei den vulnerablen Kindern und Jugendlichen, deren Immunsystem noch nicht ausgereift und deren körperliche Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, ein intensives Aufklärungsgespräch eine sehr gute persönliche Abklärung des individuellen Risiko-Nutzen-Verhältnisses ermöglicht. 

Wir teilen auch die Sorge der Fachverbände, dass ein immer größerer Impfdruck auf Kinder und Jugendliche aufgebaut wird, der sich durch mobile Impfteams an Schulen weiter verschärfen würde.

Wie der Chef der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, der die Impfkampagne des Landes Baden-Württemberg kritisierte, möchten wir ausdrücklich vor einer Verschiebung des Impfdrucks zulasten der Minderjährigen warnen. Der Eindruck extremer Eilbedürftigkeit bei der Impfung von Kindern, den die Politik erweckt, ist absurd, so Mertens zutreffend.6 

Siehe https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/126514/Kinder-und-Jugendaerzte-sehen-Impfungen-an-Schulen kritisch sowie https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-impfung-schulen-kinderaerzte-kritik-100.html     5 https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/AllgFr_RechtlFragen/faq_impfen_RechtlFragen_ges.

6 Vgl. Stuttgarter Zeitung vom 30.9.2021, “Kinderärzte kritisieren Impfkampagne“

 

Um es mit Jörg Dötsch (Präsident der Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin), der diesen Druck ebenfalls für problematisch hält, zu sagen: „Wir wollen nicht, dass Kinder die fehlende Impfbereitschaft der Erwachsenen ausgleichen müssen. […] Es ist unstrittig, dass Erwachsene in der Pandemie die Gefährder und die Gefährdeten sind“.7 Und: „Wir müssen uns immer wieder klar machen, „dass Kinder uns schutzbefohlen sind und wir bei  jedem einzelnen fragen müssen: Was ist der individuelle Nutzen der Impfung für dieses Kind? Dann erst dürfen wir eine Entscheidung treffen“.8 

Abschließend möchten wir explizit klarstellen, dass sich unsere Fraktionen nicht gegen eine Corona-Impfung von Erwachsenen an welchen Orten auch immer aussprechen! 

Genauso wenig möchten wir generell eine Impfung von Kindern und Jugendlichen verhindern – allen Eltern soll es selbstverständlich weiterhin freistehen, ihre Kinder impfen zu lassen.

Unser Anliegen ist es vielmehr, dass die Impfung der jungen Schüler und Schülerinnen nur nach einer sorgfältigen Beratung mit mündlicher Aufklärung beim eigenen Kinder- oder Hausarzt des Vertrauens erfolgt. Impfentscheidungen für die durch die Infektion kaum gefährdeten Kinder und Jugendlichen dürfen ausschließlich nach einer sorgfältigen Nutzen-Risikoabwägung frei und ohne Gruppenzwang und Bedrängnis durch mobile Impfteams an Schulen erfolgen.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Ingo Eisenbeiß, Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen 

und Thomas Bauknecht, Vorsitzender der FDP-Fraktion

 

7 Siehe ebenfalls Stuttgarter Zeitung vom 30.9.2021, „Kinder im Corona-Korsett“

8 Vgl. Die Zeit, 2. Juni 2021 „Abwarten ist in der Medizin eine echte Option“.

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