Gastredner unseres 16. Digitalen Stammtisches am 14. Juli war der Landesvorsitzende der Grünen Oliver Hildenbrand. Thematisch ging es an dem Abend um „Hasskriminalität“.
Einleitend erläuterte Oliver, dass unter Hasskriminalität vorurteilsmotivierte Straftaten zu verstehen sind, die von Personen ausgeführt werden, die negative Einstellungen gegenüber bestimmten Gruppen haben. Hierfür gebe es vielfältige Motivationen, wobei das Ziel die Einschüchterung ganzer Bevölkerungsgruppen sei. Die Taten sind ein Angriff auf das gesellschaftliche Miteinander und Hasskriminalität gilt als politisch motivierte Kriminalität.
Oliver wusste zu berichten, dass 2019 im Vergleich zum Vorjahr in BaWü die Zahl registrierter Straftaten um 19 % gestiegen ist, wobei es eine hohe Dunkelziffer gebe. In fast 90 % der Fälle handele es sich um rechtsmotivierte Taten. Der Landesvorsitzende der Grünen betonte, dass es in Deutschland ein großes Problem mit Rassismus und Rechtsextremismus gibt und wir Bürger und Grünen dies klar bekennen müssten, denn „Politik beginnt mit dem Bekennen der Wirklichkeit“.
To-Dos / aktuelle Anlaufstellen
- Betroffene effektiver unterstützen: sie bräuchten eine schnelle Beratung, wobei „Respect! – Die Meldestelle für Hetze im Netz“ vom Demokratiezentrum Baden-Württemberg eine mögliche Anlaufstelle sei.
- Straftaten müssten verfolgt werden. Polizei und Justiz sollten sensibilisiert und weitergebildet werden, um entsprechende Taten zu erkennen. Der Opferschutz sei dabei von großer Bedeutung. Oliver äußerte zudem die Forderung, dass es in jeder Dienststelle klare Ansprechpersonen für diese Thematik geben sollte.
- Im Sicherheitsbericht sollte Hasskriminalität eine größere Rolle spielen. Darüber hinaus sei es wichtig, dass die Staatsanwaltschaft Fälle schnell bearbeite. Personen, die Anzeige erstattet haben, sollten nicht nur die Rückmeldung erhalten, dass ihr Fall nicht ernst genug und nicht im öffentlichen Interesse liege.
- Seit 2006 gibt es die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, seit ca. 2 Jahren die Antidiskriminierungsstelle des Landes Baden-Württemberg (LADS)
- Prävention sei sehr wichtig. Oliver nannte die Leitperspektive einen guten Ansatz in BaWü, wobei daraus in der Praxis noch mehr gemacht werden sollte. Auch in Schulen seien Zuständige notwendig, die im Schulalltag Begegnungen organisierten und Vorurteilen vorbeugten diese abbauten. In diesem Zusammenhang hofft Oliver auch, dass die „BITTE WAS?!“ – Kampagne über das Schuljahr 2019/2020 hinaus verlängert wird.
Im Austausch mit den Zuhörern ergänzte der Landesvorsitzende der Grünen, dass sowohl Männer als auch Frauen hasskriminelle Botschaften versendeten, unter den Betroffenen jedoch deutlich mehr Frauen als Männer seien. Diese würden dann nicht selten auch gleichzeitig frauenfeindlich angegangen werden.
In Bezug auf die Stuttgarter Krawallnacht im Juni dieses Jahres sah Oliver den politischen Deutungskampf, der noch in derselben Nacht begonnen hatte, kritisch. Es sei nicht sachgerecht zu sagen, die Mutter aller Probleme seien Rechts- bzw. Linksextremisten. Auch könne nicht alles auf Migrationshintergründe geschoben werden. Die Täter seien überwiegend junge Männer gewesen, weshalb Männer und deren Gewaltbereitschaft beleuchtet werden sollten. Die Aufgabe sei nun, die Taten klar politisch zu verurteilen sowie rational an die Aufklärung und Ursachenforschung zu gehen. Wir müssten zeigen, dass wir sowohl strikt gegen Polizeigewalt als auch gegen Gewalt an der Polizei seien.
Wir bedanken uns bei Oliver Hildenbrand und freuen uns, dass wir bei diesem Digitalen Stammtisch zum ersten Mal ein internationales Teilnehmerfeld begrüßen durften.