Wahlprogramm Grüne Kehl Gemeinderat 2019

Kehls Profil schärfen

Kehl in Europa

„Geschichte verpflichtet, Schicksal verbindet, Gegenwart und Zukunft ermöglichen.“ So könnte der Hauptgrundsatz eines guten Miteinanders zwischen Strasbourg und Kehl zusammengefasst werden. Der kürzlich erneuerte deutsch-französische Freundschaftsvertrag (Aachener Vertrag) und die Existenz des Eurodistrikts Strasbourg/Ortenau bieten einen passenden Rahmen und eröffnen grundsätzlich viele Chancen.

Wir Grünen möchten dies nutzen und uns in der Weitergestaltung und Entwicklung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit stärker einmischen. Erfolgsprojekte wie die Landesgartenschau, die Tram und die deutsch-französische Kindertagesstätte müssen in ihrer positiven Wirkung noch sichtbarer und greifbarer für die Bürger gemacht werden.

Es muss gelingen, aus den zahlreichen „Einzelkooperationen“ ein von Bürgern und Politik gemeinsam erschlossenes und letztendlich getragenes Handlungskonzept zu schaffen und dieses als gelebte Kultur zu etablieren. Themen wie Demografie, Gesundheit, Bildung, Umwelt, Arbeitsmarkt, Digitalisierung und Sicherheit werden künftig beide Seiten des Rheins intensiv beschäftigen. Dabei wollen die Mittel des Aachener Vertrages nutzen: Verbesserte Kooperation der Sicherheitskräfte, beispielsweise durch Schaffung des Rechtsrahmens für eine Verfolgung und Festnahme ins Nachbarland fliehender Straftäter, engere Vernetzung der Digitalinfrastruktur, beispielsweise durch Glasfaserleitungen durch die Leerrohre der Trambrücke, hindernisfreie Nutzung von wohnortnaher Gesundheitsinfrastruktur (z.B. Geburtsstationen, Spezialistenbesuche), gemeinsame Ferienprogramme für Schulkinder auf beiden Rheinseiten.

Um diese Ressourcen zu bündeln, schlagen wir regelmäßige, verbindliche und besser strukturierte Arbeitstreffen der politischen Vertretungen sowie mit den Abgeordneten der deutsch-französischen Parlamentarier-Versammlung, die im Eurodistrikt ihren Wahlkreis haben, vor. Auch wollen wir Fördermittel aus dem deutsch-französischen Bürgerfons nach Möglichkeit nutzen.

Durch eine ernst gemeinte Beteiligung von Bürger*innen wollen wir diese Zusammenarbeit erlebbar machen. Zusätzlich möchten wir Städtepartnerschaften mit im EU-Ausland befindlichen Nachbarstädten deutscher Kommunen prüfen, um einen Erfahrungsaustausch zu erleichtern.

Kehl weiterentwickeln

Stadtentwicklung muss sich konsequent an den Gegebenheiten vor Ort orientieren und zu den kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen passen. Wichtig ist es, dass der kreativen Gestaltung mehr Raum gegeben werden muss. Wie können Plätze der Stadt miteinander verbunden werden? Wie kann eine künstlerisch oder ökologisch ausgerichtete Straßenraumgestaltung aussehen? Welche Talente schlummern bei Einwohner*innen? Wie können wir es schaffen ein Netzwerk Kehl zu entwickeln und alle Bevölkerungsgruppen mitzunehmen?

Der Standortwettbewerb der Städte untereinander wird an Schärfe zunehmen. Um darin bestehen zu können, wird die Anforderung an kulturelle, soziale und wirtschaftliche Rahmenbedingungen in Kehl weiter an Bedeutung gewinnen. Wir Grünen setzen auf Stadtteilkonferenzen, regelmäßigen Austausch zwischen Politik, Wirtschaft, Einzelhandel und Interessengruppen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass im Gemeinderat der inhaltlichen Diskussion mehr Raum gegeben wird. Es gilt die Entwicklung aktiv zu gestalten und nicht nur zu reagieren.

Nachverdichtung ist dabei für uns nicht per se schlecht, sondern eine Möglichkeit, einen Ausgleich zwischen Flächenverbrauch und Anforderungen zu erreichen. Aber nur dann, wenn Regeln bestimmen, was stadtökologisch verträglich ist. An diesen Regeln gilt es verstärkt zu arbeiten.

Attraktive Ortschaften

Früher lebten in einem Haus fünf und mehr Bewohner*innen (Großeltern, Eltern, Kinder). Heute finden sich in dem gleichen Haus oft nur eine oder zwei Personen. Dafür entstanden in den Randlagen immer neue Baugebiete. Aus dieser Entwicklung resultierte ein flächendeckendes Sterben des Einzelhandels (Bäckerei, Metzgerei, Gemischtwarenläden, Gasthäuser,…), weil die Menschen direkt in die großen Kaufhäuser und Einkaufzentren fahren, um ihre Besorgungen zu machen.

Wir Grüne möchten dieser negativen Entwicklung durch Aufwertung der Ortskerne entgegenwirken. Dazu bedarf es seitens der Verwaltung eine vorausschauende Planung damit hierfür wichtige freiwerdende Häuser und Grundstücke frühzeitig aufgekauft werden. Bei Bedarf lassen sich dadurch die ärztliche Versorgung, Einkaufsmöglichkeiten, altersgerechtes Wohnen und die Begegnungsstätten im Ortskern wieder zentralisieren.

In immer mehr Familien wollen oder müssen beide Partner arbeiten und sind auf eine einfache Erreichbarkeit ihrer Arbeitsstätten, Kindergärten und Schulen angewiesen. Deshalb ist uns der weitere Ausbau eines intelligenten ÖPNV sehr wichtig. Ein guter Breitbandausbau ermöglicht vielen Menschen ein Arbeiten von zu Hause aus. Die Elektromobilität wird kommen und deshalb sind Ladestationen in der ganzen Stadt vorzusehen. Ein gut ausgebautes Radwegenetz ist für uns selbstverständlich. Um diese Ziele zu erreichen betreiben wir eine „vorausschauende“ Politik und begleiten den Stadtentwicklungsprozess „Kehl 2035“ aufmerksam, aktiv und kritisch.

Eine Vision von Kehl

Weltoffen – bunt und tolerant. Neue Ideen brauchen alte Gebäude – erhalten, was erhaltenswert ist. Die ökologischen Leitlinien sind fester Bestandteil der städtischen und privaten Planungen, die Stadt ist Fair-Trade-Kommune geworden. Der Verkehrsmix zwischen allen Teilnehmern ist gelungen, die Flächenpotentiale der Innenstadt sind ausgewogen genutzt, die Ortschaften leben ihren jeweils individuellen Charakter. Die Stadtraumgestaltung verbindet Kunst und Natur, die Stadtgeschichte wird räumlich ansprechend präsentiert, Schulgebäude und Ausstattung entsprechen dem Standard. Integration wird vielseitig getragen, Inklusion ist eine Selbstverständlichkeit. Regelmäßiger Austausch der Gewählten beiderseits des Rheins auf allen politischen Ebenen, die Stadt lebt die europäische Idee.

Was jetzt noch wie Visionen klingt, wird im begonnenen Stadtentwicklungsprozess 2035 seinen Anfang finden. Dazu ist es notwendig, die Stadt nicht nur aus Sicht der Bauentwicklung zu betrachten. Es ist mindestens genauso wichtig, die Gestaltung der sozialen Infrastruktur zu betrachten. Denn nur wenn der Mix stimmt, wird ein fruchtbares Wachstum möglich sein.

Was gemeinsam umgesetzt werden kann, wird zum einen von Kreativität, zum anderen von den finanziellen Möglichkeiten der Stadt bestimmt. Die Grünen in Kehl werden sich noch aktiver als bisher im Stadtentwicklungsprozess einbringen. Nicht Perfektion macht Kehl lebenswert, sondern Authentizität. Kehl bleibt weltoffen – bunt und tolerant.

Kehl digital voranbringen

Wissen ist Macht. Wir möchten daher, dass die Stadtverwaltung in einer Informationsfreiheitssatzung festschreibt, welche Informationen sie grundsätzlich immer online und maschinenlesbar öffentlich macht. Dazu müssen der Haushalt, der grafisch aufbereitet präsentiert werden soll, und die Protokolle öffentlicher Gemeinderatssitzungen gehören. Dies soll die Partizipation an der Stadtpolitik ebenso erhöhen, wie auch Kehl als Unternehmensstandort stärken. Auch die Verwaltung profitiert, weil die einzelnen Abteilungen schneller an Informationen kommen und so effizienter arbeiten können.

Um eine digitale Kultur in der Verwaltung zu etablieren wollen wir die Mitarbeiter*innen durch ein eigenes Schulungsbudget unterstützen. Ziel muss es sein, dass Bürger*innen und Unternehmen baldmöglichst all ihre Anliegen online abwickeln können. Daneben fordern wir eine flächendeckende LTE-Versorgung sowie Breitband über Glasfaser an jedes Haus. Vectoring ist für uns dabei lediglich eine Übergangstechnologie. Sitzungen des Gemeinderates sollen außerdem ins Netz gestreamt sowie als Video verfügbar gemacht werden.

Auch wollen wir, dass Kehl auf Social Media-Plattformen präsenter ist, um unsere Stadt Neubürger*innen, Tourist*innen und Unternehmen schmackhaft zu machen. Fotos, die die Stadtverwaltung erstellt, sollen außerdem unter einer freien Lizenz veröffentlicht werden. Wir könnten uns außerdem vorstellen, dass der Oberbürgermeister regelmäßige Sprechstunden per Videokonferenz anbietet.

Wirtschaft und Einzelhandel fördern

Als wachsende Stadt in einem Land mit schrumpfender Erwerbsbevölkerung sind wir Nachbarn eines Landes, das stark wächst. Diese sehr spezifischen Rahmenbedingungen bedeuten für uns zusätzliche Gewerbeflächen, weil die bestehenden de facto ausgelastet sind. Diese müssen vorbildlich mit Verkehrs- und Digitalinfrastruktur ausgerüstet sein, wobei dabei dem ÖPNV und der Glasfaser-Technologie hier eine absolute Schlüsselrolle zukommt.

Der Bedarf an Arbeitskräften kann angesichts des dauerhaft leergefegten Arbeitsmarktes nur durch Stärkung von vollzeitnaher Beschäftigung von Teilzeitkräften gedeckt werden. „Weiche“ Standortfaktoren müssen so ernst genommen werden wie die „harten“. Konkret bedeutet das: attraktive Schulen, ein kluges Kulturkonzept, eine Innenstadt in der man sich gerne aufhält, und Vollzeit-Erwerbstätigkeit ermöglichende hochwertige Betreuungsangebote von der Kita bis zum Gymnasium.

Nach einer für den Einzelhandel schwierigen Baustellen-Zeit möchten wir jetzt das Potenzial unserer Innenstadt durch Entwicklung eines Innenstadtkonzepts gemeinsam mit den Einzelhändlern und der Kehl Marketing heben. Dazu gehören aus unserer Sicht visuelle Orientierungshilfen in der Innenstadt, gut sichtbare Digitalanzeigen mit Abfahrtszeiten des ÖPNVs, ein öffentliches WLAN mit einem Stadtportal, und die Aufwertung der Hauptstraße Richtung Sundheim.

Zu Wirtschaft gehört für uns selbstverständlich auch die Landwirtschaft. Auch diese muss man bei der Planung des Flächenverbrauchs mitdenken. Regionale landwirtschaftliche Produkte gehen einerseits für oftmals geringes Geld an Großhändler und Genossenschaften und werden andererseits über Wochenmärkte und Hofläden vertrieben.

Um Direktvermarktung mit fairen Preisen für hochwertige Produkte zu stärken, wollen wir den Wochenmarkt ausbauen und attraktiver gestalten. Dazu wollen wir auf die dortigen Beschicker und die örtlichen landwirtschaftlichen Betriebe zugehen. Wir werden die Schaffung einer Markthalle in Kehl wohlwollend prüfen. In einer solchen könnten die Kund*innen das ganze Jahr über aus einer Vielfalt an landwirtschaftlichen Produkten unserer Region auswählen und sich mit einem zentralen „Markteinkauf“ auch unter der Woche mit frischen Produkten versorgen.

Ein sicheres Kehl schaffen

Wir Grüne wenden uns gegen eine zunehmende Panikmache. Es stimmt, als Grenzstadt hat Kehl vielfältige Herausforderungen. Die hatte Kehl jedoch immer, die Stadt ist schließlich in ihrer Geschichte einige Male neu aufgebaut worden. Das subjektive Gefühl der Unsicherheit hat viel mit den laut Polizeistatistik 2018 objektiv steigenden Zahlen in den Bereichen Gewalt- und Drogenkriminalität zu tun. Kriminalität wird öffentlicher, kennt weniger Hemmungen, wird perfider, verrohter und politischer.

Man kann diesen Trend jedoch nicht durch eine immer schärfere Sicherheitspolitik aufhalten. Hier – wie auch beim Erhalt der Ordnung – hilft nur, konsequent Präsenz zu zeigen. Die Unterbesetzung des Polizeireviers muss daher beendet werden. Erweiterte Zusammenarbeit mit der Straßburger Polizei könnte gemäß des Aachener Vertrags helfen, Großstadtprobleme in Kehl zu vermindern.

Den städtischen Ordnungsdienst werden wir erhalten, um die Polizei punktuell zu entlasten. Schwerpunkt soll hier die Einhaltung der Nachtruhe in betroffenen Brennpunkten sein. Wir werden die Gemeinwesensarbeit, aber auch die Schulsozialarbeit verstärken und so ausbilden, dass Frühindikatoren erkannt und bearbeitet werden können, damit Kinder und Jugendliche gar nicht erst auf die schiefe Bahn geraten und Kriminalitätskarriere einschlagen.

Familienfreundliches, soziales und integratives Kehl

Kultur in Kehl fördern

Kultur bringt Menschen zusammen, verbindet und gibt neue Impulse. Menschen lachen, werden nachdenklich: sie werden berührt. Kultur kann Menschen motivieren, selbst künstlerisch tätig zu werden. Junge Menschen brauchen daher ein vielfältiges Kulturangebot für ihre Entfaltung. Daher wollen wir Musikunterricht für alle Kinder ermöglichen und durch Lesewettbewerbe an Literatur heranführen. Dazu braucht es auch eine personell gut ausgestattete Mediathek.

Jugendliche brauchen mehr erlaubte Flächen für Graffitis, die wir als Kunstform ausdrücklich anerkennen. Selbst Musik machen und Theater spielen schafft ein Gegengewicht zum Konsumieren, deshalb darf der Kulturetat nicht gekürzt werden.

Vereinsförderung stärkt unsere Vereine bei ihren vielfältigen Aufgaben für unsere Kinder und Jugendlichen sowie dem Brauchtum und den Traditionen. Museen sind das kulturelle Gedächtnis unserer Stadt, die eine bewegte Geschichte aufzuweisen hat, Deshalb brauchen wir ein Museumskonzept, das dem Rechnung trägt.

Kulturelle Angebote sind für uns auch Möglichkeiten für Begegnung von Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft, weil Kultur Verbindung schafft. Außerdem kann eine kluge Kulturpolitik auch Ressourcen schonen, wenn sie Teilhabe und Aktivität fördert, statt Konsum.

Wir Grüne streben einen breit aufgestellten, exzellenten und inklusiven Bildungsstandort Kehl an. Die Sanierung der Kehler Schulen ist ein erster wichtiger Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen. Gleiches gilt für die Modernisierung der Ausstattung.

Mit der vorhandenen Organisation hat die Stadtverwaltung es nicht geschafft, die Schulen im notwendigen Umfang zu sanieren. Von den permanenten Verschiebungen haben Schulen und Eltern die Nase inzwischen voll. Die Schulen müssen deshalb aus der Konkurrenz zu anderen Projekten herausgenommen werden. Planer*innen sollten diesem Projekt fest zugeordnet werden. Ist das nicht möglich, ist der Einsatz externer Planer*innen notwendig.

Im Übrigen muss geprüft werden, ob einzelne Standorte eines Neubaus bedürfen. In Sundheim scheint dies wohl unumgänglich. Wir streben auch eine Verbesserung der Schulverpflegung, eine sichere Erreichbarkeit der Schulen mit dem Rad sowie eine verstärkte Kooperation mit Betrieben an.

Auch wollen wir eine MINT-Strategie (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) für das Schulzentrum. Die Schulsozialarbeit werden wir verstärken und die Investitionen in Präventionsprojekte erhöhen. Wir fordern ein klares, spürbares Bekenntnis des Kreises zu den beruflichen Schulen in Kehl. Hier ist eine Trendumkehr notwendig: die Gebäude müssen saniert, das Angebot um ein Sozialwissenschaftliches Gymnasium ergänzt werden.

Ein Kehl für alle

Kinder und Jugendliche wollen wie alle Bürger*innen in einem Umfeld leben, in dem sie sich wohlfühlen. Im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts „Kehl 2035“ haben sie selbst ihre Ideen eingebracht: Die Kinder wünschten sich eine bunte Stadt voller Parks und Spielplätze, die für jedermann rasch und sicher zu Fuß erreichbar sind.

Besonders im oberen Teil der Hauptstraße fehlen Querungshilfen, um sicher über die Hauptstraße zu gelangen. Auch Schilder für freiwilliges Tempo 40 sollten überall im Stadtgebiet und den Ortschaften aufgestellt werden. In Spielstraßen und an Zebrastreifen muss durch bauliche Maßnahmen für eine Einhaltung des Tempolimits gesorgt werden! Der Ausbau des Sundheimer Kleinriedle-Spielplatzes ist eine gute Sache, aber auch anderswo fehlen interessante Spielmöglichkeiten und rund um den Rehfus-Platz gibt es schon lange gar keine mehr.

Die Jugendlichen wiederum wünschten sich eine größere Vielfalt bei der Jugendkultur, bessere Taktungen der Busse und sichere Radwege. Der Jugendgemeinderat als ihr Sprachrohr braucht eine angemessene finanzielle Ausstattung, dies gilt auch für die Jugendzentren in den Ortschaften und das Haus der Jugend.

Die Ferienprogramme müssen zeitlich deutlich ausgeweitet werden – gerade in den Sommerferien reicht eine Woche pro Kind nicht aus. Nicht zuletzt brauchen kleine wie große Kehler*innen auch wieder ein Hallenbad!

Wir Menschen erreichen ein immer höheres Alter. Natürlich möchten die meisten Menschen die meiste Zeit davon möglichst lange in ihrem gewohnten Umfeld leben. Wenn man aber irgendwann auf Grund der körperlichen Verfassung „sein“ Haus nicht mehr bewohnen und bewirtschaften kann, möchte man zumindest weiter in seinem sozialen Umfeld bleiben in dem man sein bisheriges Leben verbracht hat. Hierzu zählen wir die Vereine als wichtigen Baustein ausdrücklich dazu und wollen diese in ihrem Engagement stärken.

Wir werden uns dafür einsetzen, entsprechenden altersgerechten Wohnraum zu schaffen. Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung wie Mehrgenerationenhäuser, altersgerechtes Wohnen und Seniorenresidenzen gibt es auch in Kehl genug. Stimmt das Angebot wächst auch die Bereitschaft „sein“ Haus für junge Familien frei zu machen und so den Flächenbedarf und der daraus resultierenden Verödung der Ortsmitten (Donut-Effekt) zu mindern.

Deshalb ist die Steigerung der Attraktivität der Ortskerne für uns sehr wichtig. Gleichzeitig muss das „Angebot“ (Ärzte, Apotheken, Begegnungsstätten) in der Nähe des neuen Lebensmittelpunktes bedacht und mit eingeplant werden. Die gute Erreichbarkeit von Zielen inner- und außerhalb der Orte durch einen intelligenten ÖPNV ist dabei für uns unabdingbar.

Darüber hinaus muss ein Angebot an günstigen Mietfahrzeugen vorhanden sein, um individuell mobil zu bleiben ohne ein eigenes Fahrzeug besitzen und unterhalten zu müssen.

Familienfreundliche Stadt

Familien brauchen vor allem bezahlbare Wohnungen, deshalb muss die Städtische Wohnbau mit mehr Eigenkapital ausgestattet werden, um mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen zu können. Auch ein sicheres Verkehrsumfeld, eine bedarfsgerechte Betreuung, ein überzeugendes Schulkonzept und attraktive Freizeitangebote sind wichtig. Bürgersteige mit abgesenkten Bordsteinkanten an den Einmündungen erleichtern die Mobilität für Jung und Alt enorm, fehlen aber oft noch.

Gegen Raser an Zebrastreifen und in Spielstraßen helfen wirkungsvoll Bodenschwellen, die ein Abbremsen und Verlangsamen erzwingen. In den Schneeflären und Kork muss wegen des Zuzugs je ein weiterer Kindergarten gebaut werden. Der Geschwisterbonus bei den Kitagebühren sollte, wie in Willstätt, familienbezogen sein, also alle Kinder im Haushalt unter 18 Jahren berücksichtigen.

An den Grundschulen muss für alle Kinder, deren Eltern dies wünschen, ein qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot bis 17 Uhr geschaffen werden. Hierzu gehört auch eine Ferienbetreuung von insgesamt zehn Wochen, um Eltern eine zuverlässige Berufstätigkeit zu ermöglichen. Anmeldung und Platzvergabe für sämtliche Betreuungsangebote in Kita und Schule sollten zentral und bevorzugt online durch die Stadt durchgeführt werden.

Nicht zuletzt haben die Stadt Kehl und ihre Eigenbetriebe als Arbeitgeber Vorbildfunktion und sollten sich deshalb um das „Prädikat Familienbewusstes Unternehmen“ bewerben.

Umweltfreundliches Kehl

Klima und Umwelt schützen

Junge Menschen, wie die Bewegung „Fridays for Future“, fordern die Einhaltung der Klimaziele, weil es um ihre und unsere Zukunft geht. Auch deshalb haben wir die Vision Kehl als klimaneutrale Stadt bis 2050.

Um dieses Ziel zu erreichen ist Einsatz auf vielen Aufgabenfeldern notwendig. Adressaten sind verschiedene Fachgebiete der Verwaltung, Gewerbetreibende, private und gesellschaftliche Bauherren und die gesamte Bürgerschaft. Stadtplanung muss kommunale Vorschriften erstellen zur Begrünung von Flächen, als Genehmigungsbehörde Einfluss nehmen auf mehrgeschossige Bebauung zur Reduzierung des Flächenverbrauchs, Festschreibung des Niedrigst-Energiestandards.

Auch wollen wir eine klimafreundliche Beschaffung konsequent nach ökologischen und sozialen Kriterien ausschreiben und Kehl als „Fair-Trade-Town“ etablieren. Den Bereich Umwelt- und Klimaschutz werden wir personell stärken und zur Abteilung Grünflächen und Umweltschutz zusammenführen. Wir wollen außerdem die Bürger*innen bei den PV-Anlagen effektiv beraten. Dabei wollen wir uns die Freiburger Initiative „Dein Dach kann mehr“ zum Vorbild nehmen.

Wir brauchen für Kehl konkrete ökologische Leitlinien, denen wir uns verpflichten, um beispielsweise öffentliche Rasenflächen zum Teil in Blumenwiesen umzugestalten oder Hausbesitzer*innen zu ökologisch wertvollen Vorgärten beraten. Natur- und umweltbezogene Öffentlichkeitsarbeit wollen wir stärken, um bürgerliches Engagement zu fördern, sich vor Ort aktiv für den Schutz von Natur und Umwelt einzusetzen. Das stärkt auch die Identifikation mit Kehl als Heimatstadt.

Die Geldanlagen der Stadt sollen nach sozialen und ökologischen Kriterien bei angelegt werden.

Kehl hat außerdem ein Problem mit Vermüllung. Hier wollen wir die Leerungszyklen weiter erhöhen, vermehrt auch die Straßen reinigen und vor allem konsequent Müll vermeiden. Hier werden wir uns für eine Aufklärungskampagne stark machen.

Mobilitätsstandort Kehl

Das neu eingeführte Stadtbussystem soll bedarfsgerecht weiter optimiert werden. Wichtig sind hierbei ein verbesserter Anschluss am Bahnhof Kork, die Schließung von Taktlücken etwa auf der Strecke zwischen Leutesheim und Diersheim sowie ein gezielteres Marketing für die neuen Angebote Anruf-Linien-Taxi (ALT) und Anruf-Sammel-Taxi (AST).

Für das ALT wünschen wir uns die Möglichkeit der die Reservierung per App. Für Kurzstrecken in der Kernstadt werden günstigere Tarife benötigt. Mit der Punktekarte soll die Fahrt für eine Zone nur einen Euro kosten. Nach einem ÖPNV-Zielkonzept 2025 des Landes soll es auf allen Schienenstrecken tagsüber mindestens einen Stundentakt geben: Auf Kreisebene werden wir dafür sorgen, dass die Strecke Offenburg-Kehl hier nicht vergessen wird.

Die Innenstadt, insbesondere der Einzelhandel, muss mit allen Verkehrsmitteln aus dem Umland gut erreichbar sein. Um hier den Fahrradverkehr sicher zu machen, wollen wir eine komplette Zone 30 und Fahrradstraßen einrichten. Besonderes Augenmerk legen wir auf eine zügige Umsetzung des 2018 beschlossenen Radwegekonzepts.

Wir wollen alternative Mobilitätsformen fördern: Im Bereich des Autoverkehrs gehören hierzu insbesondere Carsharing- und E-Ladestationen. Hierbei ist eine dezentrale Positionierung wichtig. Auch die Ortschaften wollen wir hier nicht vergessen. So wird der Verkehr auch insgesamt umweltverträglicher: Mindestziel ist uns hier der Klimaschutzplan der Bundesregierung, der für Verkehr im Jahr 2030 einen CO2-Rückgang um 40 Prozent festlegt.