Katrin Langensiepen MdEP zu Besuch beim 51. Digitalen Stammtisch

Bei unserem 51. Digitalen Stammtisch am 16. März sprach Katrin Langensiepen MdEP zum Thema “Inklusion”.

Mit der Information, dass sie seit 2019 im Europaparlament und dort die einzige weibliche Abgeordnete mit Behinderung ist, war Katrin gleich beim Thema. Sie betonte, welch Armutszeugnis diese geringe Teilhabe von und für Menschen mit Behinderung 11 Jahre nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention sei. Im Land- und Bundestag sehe es diesbezüglich auch nicht besser aus. Ein Jahr lang habe sie einen Bericht zum Thema “Die Situation für Menschen mit Behinderung in der Europäischen Union im Bereich Arbeit” angefertigt, der nun letzte Woche mit großer Mehrheit im Plenum angenommen worden sei. Als Grüner Bericht sei dieser ein Grüner Erfolg. Seit 14 Tagen gebe es auch eine neue Disability Strategy (Behindertenstrategie), in der die Kommission den Fahrplan für die Umsetzung der UN-Rechtskonvention von 2021 bis 2030 vorlegt. Darüber hinaus wusste Katrin zu berichten, dass die klare Aufgabe, von Werkstätten wegzukommen, die der UN-Binnenrechtskonvention entgegenstehen, von der Bundesregierung bisher noch nicht umgesetzt worden sei. Hierfür werde Deutschland immer wieder kritisiert.

Katrin erklärte, nach der Sommerpause verstärkt auf das Thema Frauen und Mädchen mit Behinderung in der EU eingehen zu wollen. Es gehe um die katastrophalen Lebensbedingungen vieler Frauen, ihr Recht auf selbstbestimmtes Leben, auf Kinder und Familie sowie auf sexuelle Selbstbestimmung. Zur Situation in Deutschland, aber auch in osteuropäischen Ländern, plane sie eine größere Studie, die 2022 veröffentlicht werden soll.

Ob im Bereich Mobilität, finanzielle Teilhabe, barrierefreies Netz oder barrierefreie Produkte (als Negativbeispiel für Blinde führte Katrin hier ausschließlich über Touch zu bedienende Pfandflaschenautomaten in Supermärkten an) – es gebe Baustellen, „an denen gefühlt noch die nächsten hundert Jahre weitergearbeitet werden könnte. Was für ´Normalos´ normal ist, sollte auch für Menschen mit Behinderung selbstverständlich sein”, so die grüne Europaabgeordnete. Und zwar für Blinde und Gehörlose ebenso wie für Menschen mit körperlicher Behinderung oder Lernschwäche. Als Vorbild könne man diesbezüglich Skandinavien heranziehen. Schweden beispielsweise habe einen partizipativen Ansatz für Menschen mit Behinderung.

Das Thema stieß bei den Zuhörer*innen auf reges Interesse und nach ihrem Impulsvortrag nahm Katrin sich viel Zeit für die Beantwortung von Fragen.

Warum unter Politiker*innen nur so wenige Personen mit Behinderung zu finden sind, konnte Katrin schnell verdeutlichen. Bei Personen, die auf Gebärden-Dolmetscher*innen angewiesen seien, stelle sich schnell die Frage, wer die Kosten für das Fachpersonal übernehme. Nicht zu unterschätzen sei zudem, dass man als Politiker*in 12-13 Stundentage habe. Außerdem werde viel gereist und gerade bei auswärtigen Terminen, insbesondere in ländlichen Regionen, sei Barrierefreiheit nicht immer gewährleistet. Um wirklich als Abgeordnete*r tätig werden zu können, seien Menschen mit Behinderung auf ein gutes Team und viel Unterstützung der Partei, des Landes- und des Kreisverbandes angewiesen und die Partei müsste den/die Kandidat*in auf einen aussichtsreichen Listenplatz setzen.

Wertvolle Tipps, wie Menschen mit Behinderung in der Politik mehr Raum geboten werden kann, konnte Katrin dann auch noch unserem Kreisverband mit auf den Weg geben. Der Satz “Wir brauchen dich” habe bei ihr damals super gezogen. Ganz essentiell sei Kommunikation. Hinweise wie: “Ihr seid auf Barrierefreiheit angewiesen und möchtet gerne an einer Veranstaltung von uns teilnehmen? Meldet Euch unter …, wir machen das gerne möglich” könnten einen großen Beitrag leisten. Des Weiteren dürfe auch barrierefreies Webdesign nicht außer Acht gelassen werden (Bsp.: Videos mit Untertiteln versehen). Es gelte, betroffenen Personen Hemmungen zu nehmen und sie darauf hinzuweisen, dass Abgeordnete im Parlament für große Personengruppen sichtbar sind. Als Abgeordnete hätten die Personen beispielsweise die Möglichkeit, explizit ihre Interessen im Parlament zu vertreten. Schließlich gelte die Regel: “Nichts ohne uns über uns”.

Wir bedanken uns bei Katrin Langensiepen für ihren Besuch beim 51. Digitalen Stammtisch.

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