Thomas Hentschel MdL zu Besuch im digitalen Sitzungszimmer Ortenau 27. April 2020 Thomas Hentschel MdL, Vertreter für Verkehr im Ausschuss und Sprecher für E-Mobilität, hat beim 4. digitalen Stammtisch zum Thema „Mobil – aber wie“ gesprochen und ist ausführlich auf Fragen der Zuhörer eingegangen. Verkehr in Zeiten von Corona und darüber hinaus In den großen Städten sei der Verkehr um 30 – 40 % zurückgegangen, über Land sogar um mehr als 50 %. Aber auch der ÖPNV sei zu 70 % eingebrochen. Thomas wusste zu berichten, dass nun teilweise spontan Radwege eingerichtet werden. Als generelles Positivbeispiel für die Fahrradnutzung, die auch von Winfried Hermann immer wieder propagiert werde, führte Thomas Kopenhagen an. Er äußerte die Befürchtung, dass das Reiseverhalten der Bevölkerung nach Corona wieder sehr stark ansteigen werde. Aber auch mit einem dritten sehr trockenen Sommer in Folge sei zu rechnen, der der Menschheit vor Augen führen werde, dass das Thema Klimawandel nach wie vor hoch aktuell ist. Thomas sagte, er hoffe auch weiterhin auf die Präsenz der Fridays for Future – Bewegung. Ziele und Forderungen Mehr Güterverkehr auf die Schienen verlegen jedes zweite Straßenfahrzeug soll sich klimafreundlich fortbewegen Zunahme an E-Autos → Ausbau von Ladestationen (Verweis auf neues Mietgesetz: Recht als Mieter, auf eigene Kosten und unter Rückbaugarantie Ladestationen zu installieren) Carsharing (v.a. auch im ländlichen Raum) Austausch mit Zuhörern Mobiler Individualverkehr (MIV) ist systemrelevant. Jetzt in der Krise geht die private PKW-Nutzung bis hin zum Autokino – Fahrradkino gibt es allerdings (noch) nicht… Thomas bestätigte, dass viele Bus- und Bahnfahrer aktuell aus Sicherheitsgründen aufs Auto umgestiegen seien Der Grünen-Politiker betonte die Bedeutung des Tragens von Masken im ÖPNV Wichtig: die Bevölkerung muss beim Nutzen von Transportmitteln ein Gefühl der Sicherheit habe Was ist unter „klimaneutraler“ Fortbewegung zu verstehen? Bedeutet, dass bei der Fortbewegung kein zusätzliches CO2 freigesetzt wird, also kein aus fossilen Brennstoffen gewonnener Treibstoff verbrannt wird. Das Auto ist auf dem Land (bisher) alternativlos Außerhalb von Corona könne Carsharing teilweise schon eine Alternative darstellen, es sei ein bedarfsorientierteres Angebot anzustreben. Dies fordere eine vorausschauende Planung der Bevölkerung, wobei aber nicht vergessen werden dürfe, dass mit der Koordination einhergehende Datenverarbeitung auch viel Energie koste. Bei Bussen sei ein neuer Ansatz, von festem Linienverkehr wegzukommen. Thomas bestätigte auf Anfrage, dass im ÖPNV engere Taktungen notwendig seien. Im Bereich Nationalpark Schwarzwald habe mit Freudenstadt bereits eine bessere Anbindung und Taktung gefördert und realisiert werden können. Auch bezüglich der Anbindung an das Acher- und Renchtal seien Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt worden und (wahrscheinlich noch diesen Sommer) eine Ein- bis Zweistundentaktung geplant. Thomas konnte mitteilen, dass die Grünen auch Rufautos zunehmen fördern wollen. Grundsätzlich sollte das Ziel sein, Splitterverbände zu reduzieren und Mini-Waben-Systeme aufzulösen. Tariferleichterungen seien dringend notwendig und aktuell sei viel im Aufbau mit dem Landesverkehrsministerium. Die Anmerkung eines Zuhörers, CDU und SPD investierten zu viel Geld in den Bau von Umgehungsstraßen und zu wenig in den ÖPNV, konnte Thomas bestätigen. Wie wird die DB wirtschaftlich die Krise meistern? Die Bahn profitiere von Vorzahlungen von Bund und Land. Zudem seien die Kosten von recht vielen Monatskarten nicht zurückgefordert worden, so dass die DB finanziell insgesamt noch ganz gut dastehe. Außerdem sei man gewillt, den Verkehr – unter der Beachtung von Schutzaspekten – aufrecht zu erhalten. Thomas berichtete, dass es für Sanierungen weniger Förderungen gebe als für Neubauten, was die vielen maroden Brücken erklären dürfte. Es gebe den Verdacht, Brücken deshalb sogar extra marode werden zu lassen, wobei ein großer Nachteil von Neubauten sei, dass hierfür Planfeststellungsverfahren notwendig seien. Wenn es sich bei Neubauten eigentlich um Ersatzbauten handele, so solle das Verfahren jedoch zukünftig vereinfacht ablaufen und die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) weniger ausführlich sein. Bauverzögerungen seien nur in geringem Ausmaß auf Verbandsklagen und Bürgerinitiativen zurückzuführen. Das Hauptproblem sei der Expertenmangel im Planungswesen (Ingenieurbüros). Ausgaben während der Corona-Krise hätten keine Auswirkungen auf Planungen, für das Brückenbauprogramm habe der Bund Gelder zugesichert. Weiter Infos zum Planbeschleunigungsgesetz unter https://www.allianz-pro-schiene.de/glossar/planungsbeschleunigungsgesetz/. Wie ist die aktuelle Situation im Hinblick auf erneuerbare Energien in BaWü? In den deutschen Netzen stamme 40 % des Stroms aus regenerativen Energien Die aktuelle Lage in BaWü sei schwierig, im letzten Jahr sei kein einziges neues Windrad dazugekommen Der Anteil an Solarenergie sei immerhin leicht gestiegen, aber aufgrund der EEG-Umlage handele es sich um ein teures Spiel. Bei der Abgabe an Nachbarn fielen Umsatzsteuern an, was Thomas als wichtigen Kritikpunkt herausstellte. Außerdem seien große Verbraucher aus der EEG-Umlage herausgenommen worden. Die Preisgarantie laufe noch bis Ende nächsten Jahres. Thomas meinte, es müsse über andere Finanzierungsmöglichkeiten nachgedacht und die Grundstruktur der Umlage verändert werden. Strom für den Eigenbedarf zu speichern gehe inzwischen recht gut, aber im Zusammenhang mit dem aufwendigen und teuren Weiterverkauf sprach der Grünen-Politiker von „unsinnigem Abkassieren“ bzw. „unsinnigen Regelungen“. Politiker sollten Rahmenbedingungen schaffen und nicht in Technikdebatten einsteigen. Diese Ansicht teilte Thomas und bedauerte, dass die Durchsetzung einer nennenswerten CO2-Steuer mit der Regierung schwer sei. Aktuelle Situation der Grünen Der Grünen-Politiker blickte mit Sorge auf Wahlkreisprognosen, die nur 23 direkt gewählte Grünen-Abgeordnete im Land prognostizierten. Aktuell deute leider für 2021 einiges wieder auf eine große Koalition hin. Gegen Ende des digitalen Stammtischs kam die Idee auf, eine Mobilitäts-Gruppe zu gründen. Es ist geplant, dass diese ab dem 30. April jeden zweiten Donnerstag im digitalen Sitzungszimmer der Ortenauer Grünen zusammenkommt. Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei Thomas bedanken! 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