Leserbrief von Grünen Kreistagsabgeordneten zum Thema „Standortklausel“

Nach einem Bericht der örtlichen Presse hat sich Herr Landrat Scherer in einem Schreiben an die Unternehmen im Ortenaukreis gewandt und ausgeführt, er habe bereits 2010 eine „Standortklausel“ in der Verwaltung verankert; danach gelte es die Beurteilungs- und Ermessensspielräume, welche der Gesetzesrahmen lasse, „konsequent im Interesse des Standorts Ortenau auszuschöpfen“. Man fragt sich, was das eigentlich bedeuten soll? Es ist schließlich selbstverständlich, dass sich der Landrat des Ortenaukreises auch für die Ortenau einsetzt. Wir befürchten nicht ohne Anlass, dass „Standort Ortenau“ hier zu einseitig nur Straße landwirtschaftliche Fläche versiegelt wird, wenn ein Betrieb in ein Biotop hinein erweitern will oder eine Neuansiedlung Lärm- und Staubbelästigung für Anwohner bedeuten würde? Heißt „Standortklausel“ dann, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamts alle Spielräume dafür nutzen sollen, um das Projekt zulasten von Natur- und Landschaftsschutz oder von Nachbarn durchzusetzen? Wenn das so gemeint sein sollte, dürfte das recht frustrierend sein für diejenigen, die im Landratsamt z.B. im Bereich Gewerbeaufsicht, Wasserwirtschaft, Baurechtsamt und vor allem im Naturschutz tätig sind.

Die „Standortklausel“ wurde vom Landrat 2010 verkündet; zehn Jahre später stehen wir in der Corona-Krise. Wir sehnen uns danach, dass wieder Normalität herrscht. Aber soll das genau der Zustand sein, wie er vor der Krise herrschte? Sollte „zurück zur Normalität“ nicht besser „vorwärts zu einer neuen Normalität“ heißen? Was muss „normal“ werden, damit wir nicht nach der Corona-Krise in die Klima-Krise schlittern? Wenn wir nach Corona so weiter machen wie bisher, verpassen wir eine einmalige Chance. Staatliche Hilfen zur Bewältigung der Corona-Krise sind wichtig, sie müssen aber helfen, Arbeitsplatzverlust oder Insolvenz nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig zu verhindern. Sie sollten dazu in einen zukunftsfähigen ökologischen Umbau der Wirtschaft fließen. Unsere Befürchtung ist, dass die „Standortklausel“ in ihrer bisherigen Form hier bei uns in der Ortenau Klima- und Umweltschutz bei der Belebung der Konjunktur zu kurz kommen lässt. Eigentlich gibt es nichts Wichtigeres für den „Standort Ortenau“ als unsere Umwelt und unser Klima, denn diese stellen die Grundlagen unserer Ernährung, unsere Gesundheit und jeder Wirtschaft dar. Wie wäre es, Herr Landrat, deshalb die Standortklausel im Jahr 2020 mit einer regionalen Klimaschutz- und Umweltklausel zu verbinden?

Leserbrief der Grünen Kreistagsabgeordneten Dorothee Granderath, Maren Seifert und Heike Dorow vom 20.04.2020

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