Martin Häusling MdEP zu Besuch beim 23. Digitalen Stammtisch

Beim 23. Digitaler Stammtisch informierte Martin Häusling MdEP über die europäische Agrarreform.

Martin Häusling ist Mitglied im EU-Agrarausschuss (AGRI) sowie Mitglied im EU-Umweltausschuss (ENVI) und der agrarpolitische Sprecher der Fraktion die GRÜNEN/EFA.

Die Förder-Leitlinien der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) werden i.d.R. alle sieben Jahre beschlossen und richten sich nach den mehrjährigen Haushaltsplänen der EU. An sich sollte die Revision der EU-Ökoverordnung zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Doch während des Lockdowns war die europäische Gesetzgebung weitgehend zum Erliegen gekommen, so dass Brüssel am 4. September bekannt gab, die EU-Ökoverordnung um ein Jahr verschieben zu wollen.

Martin Häusling machte deutlich, dass die Struktur der Agrarpolitik der nächsten Förderperiode zur Verwirklichung der umwelt-, klima- und tierschutzbezogenen Ziele, ganz besonders im Hinblick auf den „Green Deal“ und die „Farm to Fork“-Strategie, eine zentrale Rolle spiele.

Ökolandbau

Die EU-Kommission habe das Ziel, 25 % Ökolandbau bis zum Jahr 2030 durch eine ehrgeizige Farm-to-Fork-Strategie zu erreichen. Von diesem Ziel sei Martin Häusling zufolge derzeit aber bspw. auch Hessen, das mit 15 % Ökolandbau schon einen vergleichsweisen hohen Anteil aufweise, noch weit entfernt. In anderen Gegenden, z.B. Niedersachsen, liege der Anteil gar noch bei unter 5 %. Das 25 % – Ziel im Hinblick auf Ökolandbau könne dem Grünen Agrarpolitiker zufolge nicht ausschließlich durch finanzielle Anreize erreicht werden. Vielmehr müsse ein besserer Markt für Ökoprodukte geschaffen werden. Potenzial sah Martin hierfür v.a. beim öffentlichen Verbrauch. Der Anteil an ökologischen Produkten sei in Kantinen, Schulen, Krankenhäuser und Altersheime noch viel zu gering. Dass die Marksituation verbessert werden kann, zeige Kopenhagen. Dort sei man auf gutem Wege, das ambitionierte Ziel zu erreichen, innerhalb kurzer Zeit auf einen Bioanteil in der Versorgung von 90 % zu kommen. An dieser Stelle betonte Martin, dass wir ganz klar sowohl eine Agrar-, als auch eine Ernährungswende bräuchten.

Tierschutz

Martin Häusling warnte vor einem von der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner gefordertem europäischen Tierschutzsiegel. Ein solches auf Freiwilligkeit basierendes Siegel erhöhe keineswegs den Tierschutz. Vielmehr müsste artgerechter Haltung klar definiert werden. Während bei Schweinen und Hühnern zumindest eingeschränkt bereits Kriterien definiert seien, fehle bei Rindern und Puten so etwas noch vollständig.

Mitteltransfer zwischen den Säulen

Die Grüne EP-Fraktion würde sich Martin Häusling zufolge einen Mitteltransfer von bis zu 15 % aus den Direktzahlungen (1. Säule) zugunsten der ländlichen Entwicklung (2. Säule) wünschen. Im Rahmen der Flächenförderung erhalte die 1. Säule einen weitaus größeren Anteil vom GAP-Haushalt als die 2. Säule. Von der Flächenförderung profitierten v.a. Großbetriebe. Aspekte wie die Förderung ökologischen Landbaus und artgerechte Tierhaltung seien Teil der 2. Säule, weshalb deren Anteil am GAP-Haushalt deutlich steigen müsse.

Die Weltmarktorientierung bei der europäischen Agrarpolitik

Die Orientierung der europäischen Agrarpolitik am Weltmarkt beurteilt Martin Häusling skeptisch. So seien kleine Schwarzwaldbetriebe bspw. nicht konkurrenzfähig mit großen neuseeländischen Betrieben. Es müsse eine regionale, ökologische Landwirtschaft im Kreislaufsystem entwickelt werden. In erster Linie sollte das Ziel der EU die Ernährung der Europäer sein. Von der Abhängigkeit importierten Sojas hingegen müsse die EU wegkommen, andernfalls machten wir uns mitschuldig am Abbrennen des Amazonas-Regenwaldes. Gegen Bolsonaros Politik habe die EU letztlich nur eine Möglichkeit: wirtschaftlichen Druck aufbauen. Große Handelsunternehmen müssten auf Waren aus Brasilien verzichten, wenn nicht nachgewiesen werde, dass diese aus umweltgerechtem Anbau stammten. Solange die EU der zweitgrößte Sojaimporteur sei, hätten wir keine Chance, Einfluss zu nehmen. Aufgabe der Europäer ist es Martin zufolge, diejenigen in Brasilien und Lateinamerika zu fördern, die dort eine andere Landwirtschaft möchten. Denn nicht alle seien für Brandrodung und gerade Kleinbauern hätten unter der Förderung der Großbetriebe zu leiden.

 

Wir bedanken uns bei Martin Häusling für seinen Besuch beim 23. Digitalen Stammtisch.

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