Antrag: Spitalberg als Streuobstwiese

Stadträte   Gerhard Schröder (SPD), Stefan Böhm  (Grüne)

7.3.16

Der Spitalberg als Streuobstwiese

Wir streben an, die Obstwiese am Spitalberg in eine artenreiche Streuobstwiese zu überführen. Das heißt:

  • Auf dieser Wiese wird nicht mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel gearbeitet.
  • Der Grasaufwuchs wird mindestens zweimal im Jahr gemäht und das Mähgut abgefahren. Dem Boden werden dadurch Nährstoffe entzogen; auf jegliche mineralische Düngung wird verzichtet. Der Boden „magert“ langfristig ab. So wird die allmähliche Wiederbesiedelung der Wiese mit einer artenreichen Magerwiesenflora und einer entsprechend vielfältigen Tierwelt, v.a. Insekten, erreicht.
  • Die Bäume werden fachgerecht und regelmäßig geschnitten, geerntet; wo nötig, erfolgen
  • Nachpflanzungen mit regionalen Hochstammsorten.

Charakter einer Streuobstwiese

Die Obstbäume stehen verstreut (deshalb Streuobstwiese). Es sind Hochstämme mit überwiegend alten, regional gezüchteten Sorten.
Streuobstwiesen – heute gefährdet durch Flächenversiegelung und intensivierten Obstbau – waren über viele Jahrhunderte typisch für die Obstwiesen in Ortsnähe. Ein Streuobstwiese macht Arbeit: Regelmäßiger Schnitt, Ersatzpflanzungen, Wiesenmahd und Ernte.

Der Spitalberg

Die Obstwiese auf dem Spitalberg mit seinen 1,4 Hektar Fläche und rund 200 Obstbäumen liegt exponiert in unmittelbarer Nähe der Oststadt und Zell-Weierbachs. Viele Spaziergänger, Jogger und Radfahrer kommen hier regelmäßig vorbei. Mit einer gut gepflegten Streuobstwiese als Leuchtturm-Projekt an dieser Stelle kann die Offenburger Bevölkerung auf die hohe ökologischen Wertigkeit dieses Biotops und den daraus resultierenden Lebensmittel sensibilisiert werden.
Bisher ist auf den Wiesen des Spitalbergs nur eine begrenzte Zahl von Pflanzenarten zu beobachten. Die Bäume sind überwiegend ungepflegt und überaltert. Das soll durch die oben beschriebenen Maßnahmen geändert werden. Mit unserem ökologischen und landschaftserhaltenden (also im besten Sinne konservativen) Anliegen verbinden wir auch ökopädagogische Zielsetzungen: Der Spitalberg ist zu Fuß gut erreichbar für die Kindergärten und Schulen der Oststadt und der Stadtmitte, aber auch für die Kinder- und Jugendgruppen der drei benachbarten Kirchengemeinden. Sie können durch regelmäßige Besuche das Pflanzen- und Tierleben übers Jahr beobachten. Sie können in die Pflege einbezogen werden. Vor allem aber können sie im Herbst von der Ernte über das Trotten bis zum Abfüllen eigenen Saft herstellen und dadurch handgreiflich den Weg eines Lebensmittels verfolgen und wertschätzen. So haben z.B. im Herbst 2015 zwei Klassen der Waldbachschule gemeinsam mit Flüchtlingsklassen der Astrid-Lindgrenschule Äpfel am Spitalberg geerntet, gepresst, sterilisiert und 50 Liter Saft abgefüllt. Es sind auch Patenschaften von Familien über einzelne Bäume denkbar.

Rück- und Ausblick

Als Stadträte haben wir die Gestaltung des Spitalbergs als Ausgleichsfläche für das Neubaugebiet Seidenfaden mit Nachdruck kritisiert. Die zunächst recht kontrovers geführte Auseinandersetzung mit der Stadtverwaltung mündete in eine konstruktive, nach vorn gerichtete Diskussion. Am Ende dieser Diskussion stand der gemeinsame Wunsch, den Spitalberg durch eine nachhaltige Pflege und Bearbeitung. ökologisch aufzuwerten

Träger der Umgestaltung

Der Förderverein Ortenauer Streuobst Anbau (FOSA) könnte sich vorstellen, die fachgerechte Pflege der Obstwiese zu übernehmen und steht mit der Stadtverwaltung mit dem Ansprechpartner Jens Lüdeke zur Zeit in Verhandlungen.

Anlagen:

Informationen Streuobstwiesen

Streuobstwiesen gehören zu den am stärksten gefährdeten Biotopen Mitteleuropas.

Die alten Obstbaumsorten, die auch heute noch traditionell im Streuobstanbau verwendet werden, wurden zu einer Zeit entwickelt, als Pflanzenschutzmittel gar nicht oder nur sehr eingeschränkt zur Verfügung standen. Sie sind daher gegenüber Krankheiten und Schaderregern als besonders robust einzustufen. Heute sind diese Sorten besonders interessant für Apfelallergiker.

Auf extensiv bewirtschafteten Streuobstwiesen komplettiert je nach Artenzusammensetzung, Standortfaktoren und Zweitnutzung (Weide, Wiese, Acker) eine artenreiche Tierwelt (Fauna) die Lebensgemeinschaft (Biozönose). Insbesondere ist die Streuobstwiese ein wichtiger Lebensraum für Vögel und Gliederfüßer wie Insekten oder Spinnen.

Streuobstwiesen weisen nur zwei deutliche „Stockwerke“ auf: die Kronenschicht der Obstbäume und die aus Gräsern, Kräutern und teilweise niederen Stauden bestehende Krautschicht.

Durch den weiten Stand der lichtkronigen Bäume ist die Krautschicht besonnt und sehr vital.

Im Unterschied zu Obstplantagen, selbst wenn dort auf Insektizide und Herbizide verzichtet wird, sind Streuobstwiesen wesentlich artenreicher.

Die Krautschicht einer Streuobstwiese weist oft auch eine große Anzahl blühender Wiesenkräuter auf. Z.B.: Frauenmantel, Großer Wiesenknopf, Gelber Hohlzahn, Heilziest, Herbstzeitlose, Löwenzahn, Schafgarbe, Wiesenschaumkraut, Wilde Möhre, Wiesen-Gelbstern, Margeriten, Glockenblumen

Die Streuobstwiese ist mit rund 5.000 Pflanzen- und Tierarten das artenreichste Biotop Mitteleuropas. Den größten Anteil nehmen dabei Insekten wie Käfer, Wespen, Hummeln und Bienen ein. Auch die Vielfalt der Spinnentiere und Tausendfüßer ist groß.

Mit ihrem kleinräumigen Wechsel aus besonnten und (halb-)schattigen, trockenen und feuchten Stellen, Holz- und Schnittgutlagerplätzen, Gras-/Staudenfluren und Gehölzen sind Streuobstwiesen auch wertvolle Sommer- und Überwinterungshabitate für verschiedene Amphibien- und Reptilienarten, darunter je nach Region: Laubfrosch, Erdkröte, Grasfrosch, Blindschleiche, Waldeidechse.

Für viele mitteleuropäische Vogelarten sind alte Streuobstbestände durch ihren Höhlen- und Totholzreichtum die idealen Brutstätten. Ihre Nahrungsgrundlage sind die Gliederfüßer (Arthropoda) wie etwa Spinnen, Insekten oder Tausendfüßer, die im Biotop Streuobstwiese häufig sind.
Indikatorarten für die ökologische Wertigkeit sind beispielsweise der Steinkauz (Athene noctua) und der Wendehals (Jynx torquilla). Weitere Vogelarten sind: Halsbandschnäpper , Gartenbaumläufer, Gartenrotschwanz, Gimpel, Ortolan, Sumpfmeise, Stieglitz, Wiedehopf, Neuntöter, Pirol , Feldsperling, Spechtarten.

Von der reichhaltigen Flora und Fauna und den allgemein guten Bedingungen zur Aufzucht von Jungtieren in brüchigen, mit Höhlen durchsetzten Altbäumen profitieren auch zahlreiche Säugerarten: Fledermäuse , Gartenschläfer, Mauswiesel, Siebenschläfer, Igel, Feldmaus, Feldhase.

(Quellen: Wikipedia, Nabu, Bund, FOSA)

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