In Offenburg suchen viele Menschen mit geringem Einkommen Wohnungen zu bezahlbaren Mieten.
In Offenburg wie in der ganzen BRD fehlen Sozialwohnungen: Ihr Bestand lag 1987 allein in der alten BRD bei 4 Mio., 2015 in ganz Deutschland nur noch bei 1,5 Mio. Gebraucht würden rund 4 Mio. Die Wohnungsnot hat sich also über die letzten Jahrzehnte entwickelt und war vorhersehbar.
Hinzu kommt nun die Not der Menschen, die auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung bei uns eine Bleibe suchen und demnächst die Asylbewerberheime verlassen.
Laut Zensus von 2011 stehen in Offenburg rund 900 Wohnungen leer und rund 300 Menschen – die Zahl nimmt stetig zu – sind auf Wohnungssuche.
Es mag viele Gründe geben, warum Eigentümer ihre Wohnungen und Häuser nicht vermieten. Aber Artikel 14 unserer Verfassung besagt:
„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
Die Offenburger Grünen wollen in die wohnungspolitische Diskussion, die derzeit auf lokaler Ebene z.B. im Bündnis für Wohnen geführt wird, die folgenden Anregungen einbringen.
Diese Anregungen beziehen sich vor allem, aber nicht nur auf das Problem des Wohnungsleerstands.
- Verhängung eines Baugebots für die alte Waldorfschule an der Rheinstraße.
Die Stadtverwaltung will das von uns vorgeschlagene Baugebot nach § 176 (Baugesetzbuch) bei der alten Waldorfschule in der Rheinstraße nicht anwenden.
Dieses Anwesen steht seit langem leer und verwahrlost. Hier könnte viel Wohnraum geschaffen werden. Es ist übrigens ein Skandal, dass dieses Gelände unbebaut bleibt und schräg gegenüber die Eisenbahnergärten als Grüne Oase der Nordweststadt zerstört werden.§ 176 Baugesetzbuch besagt (in Auszügen):
(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans kann die Gemeinde den Eigentümer verpflichten, innerhalb einer angemessenen Frist sein Grundstück zu bebauen.
(2) Das Baugebot kann angeordnet werden, um geringfügig bebaute Grundstücke entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen.
(3) Ist die Durchführung des Vorhabens aus wirtschaftlichen Gründen einem Eigentümer nicht zuzumuten, hat die Gemeinde von dem Baugebot abzusehen.Aus unserer Sicht ist im Fall der alten Waldorfschule ein Baugebot zumutbar.
- Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat im Dezember 2013 das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum erlassen. Es besagt:
„Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist (Gemeinden mit Wohnraummangel), können Maßnahmen nach diesem Gesetz treffen, soweit sie diesem Wohnraummangel nicht mit anderen zumutbaren Mitteln in angemessener Zeit begegnen können.“Um Zweckentfremdung von Wohnraum handelt es sich auch bei langfristigem Leerstand. Wir meinen, in Offenburg herrscht definitiv Wohnraummangel, der sich in naher Zukunft massiv verschärfen wird. Deshalb wollen wir, dass die Anwendung dieses Gesetzes geprüft wird. - Wie oben gesagt, es mag viele Gründe geben, warum jemand sein Eigentum nicht vermietet. Bei Anwesen, die seit vielen Jahren leer stehen, sind uns diese Gründe unverständlich.
Bei Erbstreitigkeiten könnten die Häuser vermietet werden, bis die Erbsache geklärt ist.Wir haben Verständnis bei schlechten Erfahrungen mit „Mietnomaden“ oder bei älteren Hausbesitzern, die die aus einer Vermietung entstehenden Belastungen fürchten.Wir schlagen die Einrichtung eines Fonds vor, der folgende Aufgaben haben könnte:
– finanzieller Ausgleich nachgewiesener Mietausfälle;
– Beratung und Begleitung älterer Hausbesitzer bei der Vermietung ihrer Wohnungen;
– Beratung und finanzielle Unterstützung von älteren Eigentümern, die sich eine Aufteilung ihrer zu groß gewordenen Wohnungen oder Häuser vorstellen können.Wir wissen, dass diese Aufgabe nicht zu den originären Aufgaben einer Kommune gehört. Aber: Wer sonst soll diese sinnvolle und vor allem notwendige Aufgabe übernehmen?!
- Die Stadt Stuttgart und der Stuttgarter Haus- und Grundeigentümerverein wenden sich mit einem gemeinsamen Faltblatt an die Besitzer leer stehender Wohnungen und bieten alle erdenkliche Unterstützung an mit dem Ziel, diese Wohnungen einer Nutzung zuzuführen. Das könnte in Offenburg auch gemacht werden.
- Die Werkswohnungen der ehemaligen Spinnerei befinden sich wieder im Besitz der Firma HOS/Otto Textil (Wendlingen), die die Spinnerei seit über 100 Jahren betrieben hat.Die Sanierung der denkmalgeschützten Wohnungen nach bisherigen Plänen würde die Mieten stark erhöhen und für einkommensschwache Bürger nicht mehr bezahlbar machen.
Nun stehen die Wohnungen seit längerem leer. Es ist fraglich, ob ein Investor gefunden wird.
Die Gemibau hat ihre Bereitschaft erklärt, die Häuser für einen symbolischen Euro zu übernehmen und sie auf bezahlbarem Niveau zu sanieren.
Die Firma HOS/Otto Textil sollte die Wohnungen zu diesem Preis abgeben, damit das Angebot sozialen Wohnraums in Offenburg maßgeblich erhöht werden könnte.
- Wir schlagen vor, dass die Stadt und die großen Wohnungsbaugesellschaften gemeinsam die Stelle eines Sozialarbeiters schaffen, der Konflikte in und um Wohnungen zu schlichten hilft.Wohnungskonflikte werden angesichts der zunehmenden Vielfalt der Bewohnerschaft mit verschiedenen Herkünften, Kulturen und Lebensgewohnheiten anwachsen. Deshalb halten wir die Schaffung einer solchen Sozialarbeiterstelle für dringend geboten. Die städtischen Gemeinwesenarbeiter können diese Aufgabe nicht zusätzlich wahrnehmen.
- Dekan Mathias Bürkle hat bei seinen Bemühungen um kirchlichen Wohnraum laut Presse vom Kloster „Unserer Lieben Frau“ die Auskunft erhalten, dort stünde kein Raum zur Verfügung.Nun sucht aber die Landesregierung dringend Unterkünfte für in IS-Gefangenschaft traumatisierte und vergewaltigte Frauen.
Ist es wirklich nicht möglich, im Wohnbereich des Klosters, der früher von Dutzenden Ordensfrauen – jeweils mit eigenem Zimmer – bewohnt war, unter Fürsorge der fünf heute dort lebenden Schwestern einen geschützten Raum zu schaffen, in dem einige dieser Frauen Zuflucht finden könnten? - Die Bearbeitungsdauer eines Bauantrags beim Offenburger Bauamt ist immer wieder in der Diskussion. Eine schnelle Genehmigung beschleunigt natürlich die Schaffung von Wohnraum.
Wir freuen uns über eine kritische Prüfung und Diskussion dieser Anregungen.